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Tannen im Bauernkrieg

Aktualisiert am 9.2.2008

Der Bauernkrieg in Grünbühl (1525)

Der Bauernkrieg, konzentriert auf die kurze Zeitspanne von März bis Juli 1525, war keine organisierte Aktion aller deutscher Bauern, sondern eine Abfolge lokal begrenzter Aufstände in bestimmten Regionen, vor allem in Süddeutschland. Bayern und Norddeutschland blieben verschont. Die Bauern, darunter viele Leibeigene, waren nicht zuletzt aufgrund einer hohen Abgabenlast mit ihrer Lage unzufrieden und forderten umfangreiche Veränderungen. Die Gegenseite setzte sich aus dem Adel (Fürsten und Rittern) und süddeutschen Städten zusammen, Schwäbischer Bund genannt. Der schwäbische Bund lehnte jegliche Veränderungen ab. Nachdem die Verhandlungen dadurch gescheitert waren, kam es zum Aufstand der Bauern.

Die Bauern schlossen sich zu sog. Haufen zusammen. In unserer fränkischen Gegend bestanden der Taubertaler Haufe (etwa 4.000 Mann) und der Odenwälder Haufe (über 10.000 Mann), dessen Anführer für kurze Zeit der berühmte Ritter Götz von Berlichingen war. Die Ausrüstung, die Waffen der Bauern bestanden hauptsächlich aus Spießen, Sensen und Keulen. Ihnen standen die disziplinierten, gut bewaffneten und kampferprobten Truppen des Schwäbischen Bundes gegenüber, die sogar Geschütze zur Verfügung hatten.

Ein weiterer bekannter Anführer der Hohenloher Bauern war der in Neuenstein geborene Wendel Hipler. Er war seinerzeit etwa 60 Jahre alt und hatte u.a. in Diensten des Neuensteiner Grafen Albrecht II. gestanden. Wendelin Hipler war in der Gegend eine bedeutende Person. Er war ehrgeizig und gewandt, aber auch von unauslöschlichem Hass gegen die Grafen von Hohenlohe erfüllt, von denen er sich ungerecht behandelt fühlte. Dennoch galt Wendelin Hipler als besonnener Bauernführer, der die zunehmende Radikalisierung und Brutalisierung seitens der Bauern ablehnte.

In Öhringen richtete sich der Zorn der Bewohner, der „Bauern“, gegen das Stift und seine als ungerecht empfundenen Privilegien. Mit einem öffentlichen Kalbsbratenessen am 2. April 1525 provozierten Wendel Hipler und andere Rädelsführer bewusst die Vertreter der Kirche und auch viele Gläubige – denn es war noch Fastenzeit. Es kam daraufhin zu Tumulten und Prügeleien; städtische Bedienstete wurden eingesperrt und die Stiftsvorräte geplündert. Dies war für Hohenlohe der Beginn des Bauernkriegs. Zu Aufständen kam es gleichzeitig in Kirchensall. Bauern aus den umliegenden Dörfern trafen in Öhringen ein, ebenso aus dem Unterland.

Von Öhringen aus zogen die Bauern zunächst zum Kloster Schöntal. Dort vereinigten sie sich mit dem Haufen der Odenwälder. Gemeinsam zog man dann am Montag, 10. April 1525 (die Osterwoche war angebrochen) nach Neuenstein, um endlich mit den Grafen von Hohenlohe zu einer Einigung zu kommen. Das auf etwa 10.000 Mann angewachsene Bauernheer besetzte die Stadt Neuenstein und das Schloß ohne Widerstand. Graf Albrecht war nach Langenburg geritten, sein Bruder, Graf Georg, hielt sich in Waldenburg auf. Die im Schloß verbliebene Gemahlin Graf Albrechts wurde mit allen Dienern verhaftet.

Verhandlungen und Vertragsabschluß in Grünbühl. Die Bauernführer bestellten nun die Grafen Albrecht und Georg schriftlich zu Vertragsverhandlungen nach Grünbühl. Die Eingeladenen erschienen prompt, sahen sich aber kompromisslosen Forderungen der Bauern gegenüber. Zu verhandeln gab es eigentlich nichts. Die Bauernführer drohten den Grafen damit, alles gräfliche Eigentum zu verheeren und zu verderben, wenn sie den Forderungen der Bauern nicht nachkämen. An diesem Verlangen könne weder Erbarmen noch sonst etwas ändern. Die Grafen willigten widerstrebend ein und über die Vereinbarung wurde eine mit Siegel versehene Urkunde ausgestellt.

Was verlangten die Hohenloher Bauern? Im Wesentlichen forderten die nach Grünbühl gereisten Abordnungen der Bauern von den Hohenloher Grafen die Einhaltung der Zwölf Artikel für wenigstens 101 Jahre. Die „Zwölf Artikel“ befanden sich als gedruckte Broschüre im Umlauf. Sie waren in Memmingen verfasst worden und enthielten folgende Forderungen:

- Das Recht der Gemeinden, ihren Pfarrer selbst zu bestimmen
- Keine neuen Abgaben für die Herrschaften
- Abschaffung der Leibeigenschaft
- Freiheit der Jagd und des Fischfangs („Der vierdte Artickel“)
- Freie Holznutzung für Alle
- Abschaffung der zusätzlichen Frondienste
- Keine unrechtmäßige Belastung durch die Herrschaften („Der syebent Artickel“)
- Keine unerträglichen Pachtzinsen für die Ländereien
- Gerechte Behandlung vor Gericht, keine Willkür
- Keine willkürlichen Gesetze
- Wiesen und Äcker der Gemeinden sollen Gemeingut bleiben
- Im Todesfall soll ein Gut nicht an die Herrschaft fallen, sondern der Witwe und den Kindern überlassen werden.

Für die Grundherren (Adlige, Ritter, Fürsten und Kirche) hätte eine Verwirklichung dieses Programms den wirtschaftlichen Ruin zur Folge gehabt. Es wurde deshalb auch zum Beispiel von Martin Luther nicht voll unterstützt.

 

Weinsberger Bluttat: Nach diesem scheinbaren Erfolg der Hohenloher Bauern in Grünbühl teilte sich der Bauernhaufe auf. Der Hohenloher Haufe zog an Karfreitag zusammen mit den Odenwälder und Neckartäler Bauern über verschiedene Stationen nach Weinsberg. In der Stadt hielt sich aufgrund der Karwoche Graf Helfenstein auf, der Vertreter (Amtmann) der österreichischen Obrigkeit und Schwiegersohn des verstorbenen Kaisers Maximilian I. sowie Obervogt über alle württembergischen Bauern. Schon aufgrund dieser Funktion war der 26 Jahre alte Helfenstein, der von 60 Landsknechten und Reitersoldaten begleitet wurde, bei den Bauern gründlich verhaßt.  Der Graf hatte dem Feldhauptmann der Bauern schriftlich mitteilen lassen, die Bauern des Weinsberger Tales mögen heimkehren, ansonsten werde er sie verbrennen lassen. Einige Bauern ließen sich durch diese Drohung einschüchtern und gingen nach Hause. Am Ostersonntag (15. April 1525) stürmten die Bauern daraufhin kurz entschlossen vom Schemelsberg her zuerst die über der Stadt liegende Weinsberger Burg, die Weibertreu, und eroberten sie innerhalb kurzer Zeit. Die Burg wurde geplündert und in Brand gesetzt; die überlebenden Verteidiger wurden verhaftet.

Anschließend stürmten die Bauern die von einer Mauer geschützte Stadt Weinsberg, die damals etwa 1.500 Einwohner zählte. Die Stadt samt Johanneskirche, die als letzte, vergebliche Zuflucht für die Verteidiger gedient hatte, wurde geplündert. Die überlebenden Landsknechte und Reitersoldaten waren zuvor gleich hinter der Kirche ermordet worden. Für den verhassten Grafen Ludwig von Helfenstein und rund ein Dutzend weiterer, gefangen genommener Adliger, entschieden sich die Bauernführer zu einer besonderen Form der Todesstrafe: sie mussten vor den Toren der Stadt Spießruten laufen. Dieser schmerzvolle Tod der Betroffenen durch das Stechen und Prügeln der Bauern geht als die Weinsberger Bluttat in die Geschichte des Bauernkriegs ein. Sie prägt entscheidend das Bild vom mordenden und plündernden Bauern und ist einer der Hauptgründe, weshalb sich viele Adlige gegen die Sache der Bauern stellen. Zur Strafe wird die Stadt Weinsberg später niedergebrannt und Jäcklin Rohrbach, einer der Bauernführer, in Heilbronn bei lebendigem Leib verbrannt.

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An der Eroberung der Burg Weinsberg hatte der Neuensteiner Bürger Semmelhans einen nicht unwesentlichen Anteil. Er hatte im Kerker der Burg gelegen und kannte deshalb die Örtlichkeiten. Er informierte die Bauernführer, dass die Burg nicht mehr als 8 Mann Besatzung habe und dass die Burgmauer an der Nordseite nur notdürftig mit Weidengeflecht repariert worden sei, nachdem sie 1504 von Herzog Ulrich von Württemberg zerschossen worden war. Semmelhans wurde später in Hall gefasst, zum Tode verurteilt und enthauptet.

Das Ende des Bauernkriegs ließ trotz der oben geschilderten Anfangserfolge nicht lange auf sich warten. Am 2. Juni 1525 kam es bei Königshofen zu einer Schlacht mit Truppen des Schwäbischen Bunds, in der den Bauern eine vernichtende Niederlage zugefügt wurde. Von den rd. 10.000 angetretenen Bauern wurden 7.000 niedergemetzelt. Weitere Niederlagen folgen. Im Juli 1525 schließlich sind sämtliche Bauernhaufen geschlagen und aufgelöst. Der Sieg des schwäbischen Bundes ist total, die Niederlage der Bauern ebenso. Auf Seiten der Bauern wurden bei dem Schlachten etwa 100.000 Mann getötet.

Nach der Niederlage der Bauern ließen die Grafen von Hohenlohe die in Heilbronn hinterlegte Urkunde über den Vertrag von Grünbühl kommen, rissen das Sigel ab und zerschnitten ihn. Persönlich kamen die meisten der Hohenloher Bauern, die an der Erhebung teilgenommen und die Kämpfe überlebt hatten, mit glimpflichen Strafen davon, meist mit Haft- oder Geldstrafen. Sofern die Verurteilten ihren Herren später Urfehde schworen, wurden sie vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Urfehde war das unter Eid abgegebene Versprechen, sich künftig friedlich verhalten zu wollen.

Übrigens:
Den kunstvoll wieder zusammen gehefteten Vertrag von Grünbühl kann man ebenso im fürstlichen „Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein“ bestaunen (allerdings ohne Siegel), in die Hand nehmen und lesen wie die oben erwähnte Druck-Broschüre mit den 12 Artikeln und andere, nahezu 500 Jahre alte Schriftstücke aus der Zeit des Bauernkriegs.

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